Bundestag beschließt „Ehe für Alle“

Heute haben wir im Bundestag die „Ehe für alle“ beschlossen. Deutschland schließt damit in die Reihe fast aller westlichen Staaten auf, die homosexuellen Paaren das Recht der zivilen Ehe gewähren. Deutschland beendet damit jahrzehntelanges Unrecht. UlrichHampel Seit vielen Jahren wird im Deutschen Bundestag und in der Öffentlichkeit über die Öffnung der Ehe auch für Schwule und Lesben diskutiert. Genauso lang setzt sich die SPD für die volle Gleichberechtigung, ein modernes Familienbild und gegen die Diskriminierung von Menschen, auch wegen ihrer sexuellen Orientierung oder sexuellen Identität ein. Denn Menschenrechte sind universell. Wir wollen zur Achtung und zum Schutz der Menschenrechte der homo-, bi-, inter- oder transsexuellen Menschen entsprechend handeln. Die noch bestehenden Unterschiede zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft sind rechtlich nur noch gering, im Alltag jedoch allgegenwärtig. Bisher besteht kein volles Adoptionsrecht. Auch ist die Lebenspartnerschaft nur homosexuellen Paaren vorbehalten, was die „Verpartnerung“ einem öffentlichen Stigma gleichkommt. Die rechtlichen Unterschiede halten auch vor dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes nicht mehr lange stand. Deshalb wollen wir politisch aktiv werden bevor erneut das Bundesverfassungsgericht entscheiden müsste.

Eigentlich wäre die Debatte um die Gleichstellung homosexueller Paare eine überflüssige. Denn die Gleichheit vor dem Gesetz ist Grundrecht und Grundlage unserer freiheitlich, sozialen, demokratischen Gesellschaft und fundamentaler Sockel unserer staatlichen Ordnung. Sie steht jedem Menschen zu.

Ich kann die Ansicht nicht nachvollziehen, wonach durch die Einführung der „Ehe für alle“ heterosexuelle Ehen diskriminiert würden. Denn niemandem wird etwas weggenommen. Vielmehr wünsche ich mir, dass jeder Mensch, gleich welchen Geschlechts, gleich welcher sexuellen Identität das gleiche Glück, gleiche Geborgenheit, Fürsorge und Liebe in einer auf Dauer angelegten Bindung finden kann. Viele Menschen wünschen sich dazu die Ehe als zivilrechtlichen Rahmen und öffentliches Bekenntnis. Das soll niemandem verweigert werden können. Dies empfindet im Übrigen auch die große Mehrheit der Deutschen als gerecht, richtig und gut. Die Öffnung der Ehe wird ohne Zweifel eine integrierende Wirkung haben und noch bestehende Vorbehalte gegenüber gleichgeschlechtlichen Paaren abbauen.

Die „Ehe für alle“ würde damit unmittelbar den im Koalitionsvertrag festgelegten „Abbau von Diskriminierung“ praktisch umsetzen. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Entscheidung für Ehe und Familie eine im Grunde zutiefst wertorientierte Entscheidung ist, die der Staat aufgrund der gegenseitigen Übernahme von Verantwortung stützen und nicht verhindern sollte. Gleiche Pflichten verdienen auch gleiche Rechte! Dass dies – auch ohne Grundgesetzänderung – möglich und geboten ist, hat die Verfassungsrechtlerin Frau Dr. Friederike Wapler in einem Gutachten der Friedrich-Ebert-Stiftung dargelegt.

Letztlich geht es auch um die Möglichkeit für homosexuelle Paare, sich gemeinsam und gleichberechtigt gegenüber heterosexuellen Paaren für eine Adoption eines Kindes bewerben zu können. Entscheiden wird hierüber dann das Familiengericht und zwar ausschließlich im Sinne des Kindeswohls, nicht wegen der sexuellen Orientierung oder des Geschlechts der Eltern. Das Kindeswohl taugt nicht als Argument gegen die Gleichstellung. Gesellschaftliche Realität ist: Kinder leben längst mit gleichgeschlechtlichen Eltern in Familien zusammen und es ist ebenso Realität, dass es in diesen „Regenbogenfamilien“ keine Hinweise auf Benachteiligung oder schlechtere Entwicklung der Kinder gibt. Die Augen vor dieser Tatsache zu verschließen ist eine unwürdige Behandlung der Eltern und Kinder.

Es gibt keine Studien, die nahelegen würden, dass ein Kind besser oder schlechter in gleichgeschlechtlichen, als in gemischtgeschlechtlichen Familien aufwächst. Jedoch gibt es Studien, die belegen, dass das Fehlen menschlicher Nähe, Geborgenheit und Liebe die Entwicklung eines Kindes negativ beeinflusst.

Im Zuge dieser Debatte höre ich mitunter die – unhaltbare – Kritik an der Kinderlosigkeit gleichgeschlechtlicher Paare zur verschiedengeschlechtlichen Ehe. Dieses Argument beleidigt und grenzt schon heute all die Ehen aus, welche gewollt oder ungewollt kinderlos sind und bleiben. Sie reduziert den Wert der menschlichen Partnerschaft auf die alleinige Reproduktion – genauso wie bei der Zucht von Tieren. Dies ist menschenunwürdig. Es verkennt darüber hinaus das legitime Recht von Kindern auch durch Adoption Eltern zu haben. Schon heute adoptieren viele Homosexuelle Kinder aus Deutschland und dem Ausland – über die Sukzessivadoption auch gemeinsam. Wollen Sie diese Kinder lieber in Heime als zu sorgenden Eltern geben? Wohl nicht! Das hat wohl auch die Bundeskanzlerin umgestimmt und damit auch den Abstimmungszwang ihrer Fraktion beendet.

Die SPD-Bundestagsfraktion konnte aufgrund der Vorbehalte des Koalitionspartners diesen entscheidenden Schritt bisher noch nicht umsetzen, jedoch aber auch in der Vergangenheit entschieden im Sinne der Gleichstellung vorangehen – wenn auch nicht in dem Tempo, in dem wir es uns wünschen. Nachdem selbst konservativ katholische Länder wie Irland die Öffnung der Ehe beschlossen haben, war es auch bei uns Zeit.

Der Gesetzentwurf des Bundesrates, die Empfehlungen der Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes Christine Lüders, die Erklärungen des Bundesverfassungsgerichts sowie die breite Unterstützung in Politik und Gesellschaft zeigen: Die „Ehe für alle“ kommt, es war nur eine Frage der Zeit.

Dies ist keine Frage des politischen Kalküls, sondern eine Frage der Würde. Die Menschen haben es verdient.

Ehe für alle: Diese Woche!

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Bildquelle: facebook.com/martinschulz

Ich bin froh, dass die Ehe für alle in dieser Woche kommen wird. Es war di SPD, die dies gefordert und durchgesetzt hat. Martin Schulz hat mit seiner Ankündigung auf dem Parteitag am Sonntag „Keine SPD-Regierung ohne die Ehe für Alle“ den Druck auf die Union deutlich erhöht. Bei der Ehe für alle geht es nicht um ein Bauchgefühl, wie Kanzlerin Merkel mal sagte, sondern es geht schlichtweg um die Abschaffung von Diskriminierung. Deshalb ist der Schritt der Union längst überfällig! Die Entwicklungen der letzten Stunden bei Kanzlerin Merkel und in der CDU-/CSU-Fraktion zeigen, wie nervös die Konservativen sind. Für Martin Schulz und die SPD ist es schon lange eine Herzensangelegenheit und auch eine tiefe Überzeugung, dass die #EhefürAlle nun endlich auf den Weg gebracht wird. Das unterscheidet Martin Schulz von Angela Merkel, die es nur aus taktischem Kalkül macht. Wir haben jetzt vor dem Wahlkampf die Möglichkeit, diese wichtige Entscheidung zu treffen – deshalb werden wir sie jetzt nutzen. Denn wir spielen nicht mit den Gefühlen der Menschen. Ich bin gespannt, wie sich mein CDU-Kollege im Wahlkreis Karl Schiewerling am Freitag entscheiden wird. Er hatte noch vor kurzem die Ablehnung der Ehe für Alle mit dem Hinweis auf das mögliche Verspielen der Zukunft begründet.

Ehe für alle – Nicht mit der Union!

Immer wieder zeigt die Union, dass mit ihr eine Gleichbehandlung von Homosexuellen nicht zu machen ist. UlrichHampel_EheFürAlleDie neuerlichen Antworten von meinem Kollegen Karl Schiewerling auf eine Bürgeranfrage zur „Ehe für Alle“, zeigen wieder einmal, mit welch rückschrittlichen Ansichten die CDU und deren Vertreter gesellschaftliche und politische Akzeptanz für homosexuelle Paare verhindert. Karl Schiewerling stellt eine Verbindung zwischen der Zukunft unseres Landes mit der Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare her. Weiter führt er aus, dass die Politik und Gesellschaft sich stärker zu Kindern bekennen solle.

Richtig ist, wir brauchen eine gute Familienpolitik, damit Familien sich nicht zwischen Kinder und Karriere entscheiden müssen. Dies hat jedoch in keiner Weise etwas mit der Frage der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zu tun.

Für uns als SPD ist klar, Familie ist dort, wo Menschen füreinander Verantwortung übernehmen. All jene, die dies tun, verdienen unsere volle politische Unterstützung – unabhängig ihrer sexuellen Orientierung. Und wenn die Union abermals gegen den Koalitionsvertrag arbeitet, festigt sie Diskriminierung in unserem Land. Im Koalitionsvertrag steht deutlich: „Rechtliche Regelungen, die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften schlechter stellen, werden wir beseitigen.“ Deshalb fordere ich die CDU/CSU auf, die Blockade aufzugeben und den Koalitionsvertrag umzusetzen. Im Übrigen befürworten 83 Prozent die Ehe für alle und in 14 europäischen Ländern (darunter katholisch geprägte Länder, wie Spanien und Portugal) gilt die Ehe für alle bereits.

Bei der Ehe für alle geht es nicht um ein Bauchgefühl, wie Kanzlerin Merkel mal sagte, sondern es geht schlichtweg um die Abschaffung von Diskriminierung.