Ein Volk hat entschieden! Die Vereinigten Staaten haben am 9.11. Donald Trump zu ihrem neuen Präsidenten gewählt und damit entgegen vieler Erwartungen entschieden. Wie konnte es soweit kommen, dass der sich der scheinbar fremdenfeindliche, unkontrollierte und oft sehr aggressive Präsidentschaftskandidat durchsetze?
Schon bevor ich im August mein Auslandsjahr in den USA begonnen habe, verfolgte ich die Geschehnisse rund um die anstehende Wahl in Amerika in den deutschen Medien. Diese gaben mir den Eindruck, dass Donald Trump zwar ein ernstzunehmender Kandidat ist, Hillary Clinton die Wahl jedoch mit einer sehr großen Wahrscheinlichkeit gewinnen wird. Nach meiner Ankunft in den USA wurde ich jedoch schnell von dem Gegenteil überzeugt. Die unterschiedlichen Medienkanäle prognostizieren hier entweder einen demokratischen oder republikanischen Erfolg. Wo auf dem einen Sender Frau Clinton als Lügnerin und Verbrecherin dargestellt wird und gleichzeitig Herr Trump in all seinen Taten hoch gelobt wird, ist auf dem nächsten Kanal Trump der ehrenlose Geschäftsmann und Rassist und Clinton die Lösung aller Probleme. Auch wenn die unterschiedlichen Medien sehr parteiisch agieren, wird deutlich, dass das Rennen zwischen den beiden Kandidaten deutlich enger ist, als ich es in Deutschland feststellen konnte. Durch Gespräche mit diversen Amerikanern, die sehr offen über ihre politische Einstellung sprechen, wurde die große Kluft zwischen der Bevölkerung und deren politischen Neigung deutlich. Wer Donald Trump mag, hasst Hillary Clinton und andersrum. Insgesamt schien die Mehrheit trotzdem auf der Seite der Demokraten zu liegen.
Im weiteren Verlauf meines Aufenthalts erkannte ich, warum die Bürger mit einem der zwei Kandidaten sympathisieren. Die Anhänger der Demokraten sind zufrieden mit dem, was Barack Obama aufgebaut hat und wollen an seinen Zielen anknüpfen, diese ausbauen und verbessern. Auffällig ist, dass die Demokraten vor allem in großen, modernen Metropolen ihre Stimmen gewinnen. Die Menschen hier gehören den verschiedensten sozialen Schichten und Rassen an. Sie werden jedoch durch das gemeinsame Leben in einem globalisierten Umfeld vereinigt, das die Wichtigkeit des Sozialismus und internationaler Beziehungen erkannt hat. Die Demokraten sind überzeugt von den Zukunftszielen ihrer Partei und stehen hinter Hillary Clinton. Wähler der Republikaner scheinen sich generell nicht mit der Person Donald Trump und seinen Statements zu identifizieren. Sie sagen, sie würden Trump nicht wählen, weil sie ihn nicht mögen, sondern weil sie Clinton nur noch weniger mögen würden. Die Menschen sind unzufrieden mit ihrem Bild eines Politikers. Sie wollen keine Lügner mehr, die ihre Äußerungen nicht in Taten verwandeln. Unzufrieden mit Politikern, die nur sagen, was die Masse hören möchte. Frau Clinton ist für die Republikaner genau eine dieser Politiker. Sie hat eine beispiellose Karriere hingelegt, die jedoch von Skandalen wie zuletzt der E-Mail-Affäre immer wieder in Frage gestellt wurde. Das hat viele Leute dazu bewegt, ihre Stimme Donald Trump zu geben. Denn Donald Trump ist nicht der klassische Politiker. Er ist genau genommen sogar gar kein Politiker. Donald Trump ist ein Mann aus der Wirtschaft, der durch seine spezielle Art ein Imperium aufgebaut hat. Er scheint nicht nur zu reden, ein lässt Taten sprechen. Und dabei nimmt dieser auch kein Blatt in den Mund. Seine Wähler stimmen dabei ganz und gar nicht dem zu, was er sagt und wie er es sagt. Aber sie mögen seine Art, die sich von den gewöhnlichen Politikern abhebt und Veränderung verspricht. Dadurch hat sich Donald Trump vor allem bei Unentschlossenen großer Beliebtheit beschert.
Dabei scheint der Knackpunkt der Wahlprogramme besonders auf zwei Aspekte zu fallen – die Krankenversicherung „Obama Care“ und die Immigrationsdebatte. Diese Punkte werden besonders oft kritisiert, wenn Trump Wähler erklären wollen, warum sie nicht mit den Zielen von Hillary Clinton übereinstimmen. Die Krankenversicherung kostet gerade dem Mittelstand sehr viel Geld. Im nächsten Jahr wurde in vielen Haushalten eine Erhöhung von bis zu 50 Prozent angekündigt. Sie sind generell nicht gegen eine allgemeine soziale Krankenversicherung, sondern mit der hohen finanziellen Belastung unzufrieden. Bei dem Thema Immigranten geht es den Bürgern auch nicht darum, keine Flüchtlinge aufzunehmen. Sie sind einfach nicht dazu bereit, dass Leben dieser Menschen zu finanzieren. Mir scheint es, dass die Bereitschaft für soziale Umverteilung in den USA deutlich geringer ist als bei uns. Amerikaner leben mit dem Verständnis, dass man durch harte Arbeit und viel Fleiß seine Ziele erreicht. Viele Trump-Wähler haben selbst nie von sozialen Mitteln profitiert und wollen deshalb auch nicht für andere bezahlen. Interessanterweise werden Kernthemen wie Unternehmenssteuern, Außenwirtschaft und Klimaschutz vollkommen außer Acht gelassen. Der Interessenschwerpunkt liegt hier eindeutig bei dem Wohl des Einzelnen.
Abschließend möchte ich noch vorbringen, dass die Wahl einer „third party“ für die Bürger Amerikas oft gar nicht in Frage kommt. Durch unterschiedliche Gesetze in den verschiedenen Staaten wird kleinen Parteien oftmals schon die Aufstellung zur Wahl nur schwer ermöglicht. Trotzdem sind meiner Meinung nach durchaus gute Alternativen vorhanden. Die Wahl einer kleinen Partei und dessen Kandidaten sei jedoch nur eine Verschwendung des Wahlrechts. Das ist schade, denn gerade jetzt gibt es keinen besseren Zeitpunkt, um mit der Stimme gegen Hillary Clinton und Donald Trump zu zeigen, dass ein Land mit 320 Millionen Einwohnern zu groß ist, um mit einem zwei-Parteien-System eine Demokratie zu bilden, die allen gerecht wird.
Die Republikaner und ihr Kandidat Donald Trump konnten die Wahl also nicht dadurch gewinnen, dass das Volk vollkommen hinter ihrem jetzigen Präsidenten und seinen Aussagen steht. Vielmehr ist es die Unzufriedenheit mit der aktuellen Politik und dem Wunsch nach Veränderung. Sicher ist, dass Donald Trump Veränderung bringen wird. Ob diese nun positiv für die USA, für uns sowie für die gesamte Welt ausfallen wird, werden wir ab Januar erfahren.
Marius Kram – Teilnehmer am 33. PPP