Mit dem Gesetz zur Einführung eines beschleunigten Asylverfahrens werden verschiedene Maßnahmen zu Verfahren der Anerkennung, Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern sowie deren Lebensbedingungen geregelt. Auch wenn ich die Zielsetzung des Gesetzes in wesentlichen Bereichen unterstütze und darin das Ergebnis eines Kompromisses sehe, der weitergehende Verschärfungen wie etwa die Einrichtung von Transitzonen verhindert hat, bestehen weiterhin erhebliche Bedenken gegen die Wirksamkeit einzelner Regelungen des Gesetzentwurfes.
Dies gilt vor allem für die deutliche Verschärfung der medizinischen Gründe, die einer Abschiebung entgegenstehen sowie die aus unserer Sicht wirkungslosen Reduzierungen von Geldleistungen in einzelnen Fällen.
Flüchtlinge, die Asyl erhalten oder Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention bekommen, können ihre Familien weiter nachholen – das trifft für die meisten Flüchtlinge zu.
Ich bin aber im Kern anderer Auffassung bei der vorgesehenen zweijährigen Aussetzung des Familiennachzuges für Personen mit subsidiärem Schutz.
Ich befürchte damit vielleicht sogar eine gegenteilige Wirkung als beabsichtigt: durch die Aussetzung des Familiennachzuges werden die Lebensbedingungen zumeist unbegleiteter Jugendlicher verschärft. Deren Unterbringung und Betreuung verursacht höhere Kosten als eine Familienzusammenführung und erschwert ihre Integration (während die dennoch nachziehenden Angehörigen auf unsichere Wege gedrängt werden könnten).
Ein relevanter, quantitativer Beitrag zur Reduzierung der Flüchtlingszahlen wird offenbar auch durch den Innenminister selbst angesichts der konkreten Zahlen und damit verbundenen Entwicklungen nicht ernsthaft erwartet. 2015 erhielten nur 0,6 Prozent der entschiedenen Antragssteller subsidiären Schutz und nur 105 Fälle von Familiennachzug fanden statt.
Die Stellungnahmen der Kirchen, ihrer Hilfswerke und vieler Organisationen der Flüchtlingshilfe sind ernst zu nehmen, die vor dieser Maßnahme warnen.
Ich erwarte, dass die für unbegleitete Minderjährige im subsidiären Schutz vorgesehene Einzelfallprüfung zum Familiennachzug unter Berücksichtigung der UN-Kinderrechtskonvention erfolgt, nach der Kinder nicht gegen ihren Willen von ihren Eltern getrennt werden dürfen.
Ich gehe davon aus, dass die erst zum 01. August 2015 eingeführte Möglichkeit des Familiennachzuges für subsidiär geschützte Personen nach der Aussetzung für einen Zeitraum von zwei Jahren wieder reibungslos ermöglicht wird.
Ich habe meine ablehnende Haltung zur Aussetzung des Familiennachzuges im Rahmen der Willensbildung bis zur Entscheidung des Deutschen Bundestages auch in der eigenen Fraktion deutlich gemacht. Da ich im Abstimmungsprozess unterlegen war, gehört es zu meinem parlamentarischen Verständnis, eine Mehrheitsentscheidung mitzutragen, wenn die eigene Position gegenwärtig nicht durchsetzbar ist. Aus diesem Grund habe ich im Bundestag für das Gesetz gestimmt.
Ich erwarte darüber hinaus und werde mich massiv dafür einsetzen, dass nach den gesetzlichen Änderungen des Asylrechts bei Unterbringung und Anerkennung deutlich größere Anstrengungen zur Integration der Menschen mit Bleiberechtsperspektive unternommen werden. Statt weiterer Verschärfungen beim Asylrecht müssen wir jetzt vorrangig ein Integrationsgesetz zur Verbesserung des Zugangs zu Sprachkursen, Bildung, Ausbildung und Arbeit für Asylsuchende auf den Weg bringen.