Direktkandidaten stellen sich in einer Podiumsdiskussion

Dülmen. „Das war heute als Moderator nicht ganz einfach“, resümierte Detlef Scherle nach zwei Stunden Podiumsdiskussion im Kolpinghaus mit den Direktwahlkandidaten von CDU, SPD, FDP und Grünen über die Themen Familie, Arbeit und Soziales sowie die Rente für die anstehende Bundestagswahl. Um Demokratie und Transparenz sollte es gehen und darum, Argumente auszutauschen.

Von Lukas Bickhove

Noch bevor die kreative Vorstellungsrunde, bei der die Kandidaten ihre politischen Herzensangelegenheiten auf einem Bild darstellen sollten, beendet wurde, war klar, dass sich Publikum und Kandidaten nichts schenken würden.
„Den Eindruck habe ich nicht“, sagte Karl Schiewerling (CDU) als er von Scherle zu Beginn darauf angesprochen wurde, dass die Veranstaltung ein Heimspiel für ihn sei, da die Kolpingfamilie, die Christlich Demokratische Arbeitnehmerschaft (CDA) und die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) eingeladen hatten. Damit sollte der ehemalige Diözesansekretär des Kolpingwerkes auch auf ganzer Linie Recht behalten, denn er und Daniel Fahr (FDP) wurden vom Publikum mächtig ins Kreuzverhör genommen.
Zuhörer und Diskutant Michael Schulte machte gleich mehrmals seinem Unmut und seiner Unzufriedenheit über die aktuelle Regierungspolitik in teils lautstarken und langen Redebeiträgen Luft. Dabei ging er Schiewerling immer wieder an, der auch nicht mit der Meinung hinter dem Berg hielt, und Schultes Meinungen als „ideologisch gefärbt“ zurückwies. Das Privatduell gipfelte im lautesten und sicherlich unsachlichsten Moment des Abends, als Schiewerling sichtlich genervt auf Schultes Standpunkte im Bereich Arbeit und Soziales mit „und Sie halten jetzt den Mund“ reagierte.
Moderator Scherle riss – bevor die Situation eskalierte – die Worthoheit an sich und mahnte zur Besonnenheit. „Der Wutausbruch tut mir leid. Das wird nicht wieder vorkommen“, entschuldigte sich Schiewerling prompt.
In den sachlichen Phasen des Abends stellte ein gut informiertes Publikum teils komplexe Fragen und bekam konkrete Antworten.
„Halten Sie es für sinnvoll, den Betriebsrat über das Ausmaß von Leiharbeit mitentscheiden zu lassen?“ wollte der mit 17 Jahren deutlich jüngste Besucher, Christopher Averkamp, wissen. Ulrich Hampel (SPD), der wohl Schiewerlings größter Konkurrent um das Direktmandat sein dürfte, präsentierte sich kämpferisch und kam insbesondere beim Thema Löhne und Gehälter gut beim Publikum an.
Friedrich Ostendorff (Bündnis 90/ Grüne) konnte mit kurzen knackigen Beiträgen Akzente setzten. Daniel Fahr (FDP) punktete immer dann, wenn er Standpunkte seiner Partei mit der eigenen Meinung ergänzte und Praxiseispiele aus seinem Erfahrungsschatz einbringen konnte. Schiewerling verteidigte seine Standpunkte nach dem Ausrutscher wesentlich geschickter und konnte immer wieder Hintergrundwissen und Statistiken anbringen, um Entscheidungen und Sachverhalte transparenter darzustellen.
Umentschieden in seiner Wahlentscheidung, hatte sich laut Umfrage am Ende des Abends, niemand der rund 50 Personen im Publikum, das sicher noch zahlreicher gewesen wäre, wenn der Raum es erlaubt hätte. „Im Sinne der Demokratie“ war die Diskussion auf jeden Fall, denn sie war ein Ort der freien Meinung.